Trotz erheblicher Verbesserungen in den vergangenen zwei Jahrzehnten werden einige Kritiker den Fortschritt der Wirtschaftsreformen in Japan stets in Zweifel ziehen. Sicherlich ist das Land immer noch stärker reguliert als die USA, und der Fortschritt kommt nie überall gleichzeitig in Schwung, aber was den dritten Pfeil der Abenomics angeht, ist Suga wahrscheinlich der reformeifrigste Premierminister, den Japan je hatte. Junichiro Koizumi engagierte sich als Premierminister von 2001–2006 stark für Reformen, aber ihm fehlten Machtposition und Kompetenz, um viel zu erreichen. Suga dagegen ist ein Experte im Kampf gegen bürokratische Widerstände und selbst die haben abgenommen, seit er und Abe in den letzten acht Jahren so viele Verbündete in hochrangige Positionen gebracht haben. Suga ist neben seiner Arbeitsmoral und seinem politischen Fachwissen vor allem für sein langjähriges Engagement für Reformen bekannt und für die Fähigkeit, diese umzusetzen. Von Politikern und Bürokraten wird er wahrscheinlich mehr gefürchtet als geliebt, aber natürlich auch hoch geachtet. Daher sind seine Erfolgschancen sehr hoch, wenn ihm von der LDP genügend Zeit eingeräumt wird. Leider ist nicht hundertprozentig auszuschließen, dass innerhalb der LDP ein Machtkampf beginnen wird, der zu einer kurzen Amtszeit für ihn und zur Rückkehr zu einer unbeständigen Führung führen kann. Es scheint aber einigermaßen sicher zu sein, dass dies nicht geschehen wird.

Ein weiterer Faktor, der den Reformfortschritt verstärken sollte, ist, dass Abe oft zu zögerlich schien, um mutig für Wirtschaftsreformen einzutreten. Er wollte bei Wählern und Politikern (oft mit persönlichen Interessen) äußerst beliebt bleiben, um die für die Überarbeitung der militärischen Vorgaben in der Verfassung erforderliche Super-Mehrheit im Parlament zu erreichen. Auf Suga trifft dies nicht zu, da er dieser Frage weniger Dringlichkeit beimisst.

Ein weiterer entscheidender Faktor sowohl für seinen erdrutschartigen Sieg als auch für die Annahme, dass seine Amtszeit länger andauern wird, ist seine große Erfahrung im Umgang mit der Corona-Pandemie. Dies hat bei den Wählern oberste Priorität. Die meisten von ihnen werden politische Ränke und Neuwahlen wahrscheinlich so lange missbilligen, bis das Virus wirklich unter Kontrolle ist. Einige mögen sagen, dass Japan im Umgang mit dem Virus Fehler gemacht hat, aber welches Land hat das nicht? Insgesamt hat Japan sowohl mit der Eindämmung des Virus als auch mit dem Verzicht auf größere Lockdowns ausgezeichnete Erfahrungen gemacht, insbesondere wenn man das Durchschnittsalter seiner Bevölkerung bedenkt.

Um seine Position zu festigen, muss Suga möglichst schnell einige volkswirtschaftliche Reformen durchführen und hat wahrscheinlich für ein paar davon bereits einen Schlachtplan erstellt. Die Senkung der Mobiltelefonkosten steht schätzungsweise an erster Stelle, da sie bei den Wählern äußerst beliebt sein wird. Auch die Digitalisierung der Wirtschaft und der veralteten Regierungsdienste ist wahrscheinlich populär und damit der nächste wichtige Punkt auf der Liste. Suga sieht sich nicht als Kurzzeitverwalter und weiß, dass es ihm an klassischem Charisma mangelt. Wenn er sich jedoch bei der Bewältigung der Virussituation bewährt und einige Reformen durchführt, könnten die Wähler die Attribute „Form und Charme“ gegenüber „Substanz und Erfolg“ zurückstellen. Da er die anderen Fraktionsvorsitzenden zufriedenstellt und seine Hauptkonkurrenten aus dem Kabinett fernhält, könnte seine zu erwartende Verbesserung der Abenomics ihn durchaus drei Jahre lang an der Macht halten und es ihm ermöglichen, einen reformgesinnten Nachfolger vorzubereiten.

Das vielleicht größte potenzielle Problem für Japan – und damit auch für Suga – ist ein starker Yen. Glücklicherweise sollte der Fortbestand von Taro Aso als Finanzminister die Yen-Bullen beunruhigen, denn Aso, dessen Ministerium die Währungspolitik steuert, ist wahrscheinlich entschiedener gegen einen starken Yen eingestellt als irgendein anderer Politiker der jüngeren Geschichte. Suga ist ebenfalls gegen einen starken Yen, aber Asos lange und eindeutige Vergangenheit in dieser Frage und seine Bereitschaft, „über das Ziel hinauszugehen“, um die Yen-Stärke zu stoppen, hat einen noch stärkeren Einfluss auf die Märkte. Es wäre auch nicht überraschend, wenn BOJ-Gouverneur Kuroda, dessen Amt von politischen Veränderungen unbeeinflusst ist und der ebenfalls entschieden gegen einen starken Yen ist, den Markt in den kommenden Monaten mit einer aggressiveren Geldpolitik überrascht, da sich der Yen-Dollar-Kurs bereits der Toleranzgrenze dieser entscheidenden Politiker nähert.

Mit Ausnahme einiger großer Telekommunikationsaktien scheinen Japans Risikomärkte bisher mit dem Aufstieg von Suga zufrieden zu sein. Die Anleger nehmen sicherlich zur Kenntnis, dass Japan nach wie vor eines der politisch stabilsten Industrienationen ist. Und wenn es Suga gelingt – wie wir es erwarten –, die Abenomics mit Fortschritten bei einigen Schlüsselreformen zu ergänzen, dann sollte er zusammen mit dem Buffett-Impuls sowohl ausländische als auch heimische Investoren dazu anregen, ihre Erwartungen an das Wirtschaftswachstum und die Renditeerwartungen der Aktienmärkte zu erhöhen, immer vorbehaltlich der Entwicklung der Corona-Pandemie und der Weltwirtschaft. Es ist sogar sehr gut möglich, dass sich die Anleger für Japan begeistern werden.